Die Wohngebäudeversicherung ist unverzichtbar für Hauseigentümer. Ohne diese Absicherung kann durch ein Schadensereignis der komplette Wert eines Wohnhauses verloren gehen. Um das für finanzierte Immobilien zu vermeiden, bestehen Banken in der Regel auf den Abschluss einer Wohngebäudeversicherung.
Unabhängig von der Verpflichtung durch Banken ist die Wohngebäudeversicherung für Hauseigentümer wichtig. Ein hoher Schaden oder gar der komplette Verlust des Hauses kann sich existenziell auswirken. Die Beiträge verändern sich jährlich durch den Anpassungsfaktor.
Fragen und Antworten
Besteht ein Sonderkündigungsrecht wegen der Preiserhöhung?
Die Beitragsanpassung in gleitenden Neuwertversicherungen berechtigt nicht zu einer außergewöhnlichen Kündigung. Da es sich um eine vertraglich vereinbarte, automatische Erhöhung handelt, besteht kein Sonderkündigungsrecht.
Gewähren Versicherer in der Wohngebäudeversicherung einen Unterversicherungsverzicht?
Wer sein Wohngebäude zum gleitenden Neuwert versichert, genießt den Schutz vor einer möglichen Unterversicherung. Diese Form der Vertragsgestaltung geht grundsätzlich mit einem Unterversicherungsverzicht einher.
Wie kann ich meine Beiträge zur Wohngebäudeversicherung reduzieren?
Die Reduzierung der Versicherungsbeiträge in einem bestehenden Vertrag geht in der Regel mit Abstrichen beim Versicherungsumfang einher. Gerade bei der Gebäudeversicherung bilden wichtige Einflussfaktoren die Basis für die Beitragsberechnung. Eine Möglichkeit wäre die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung im Schadenfall. Ein Vergleich verschiedener Angebote und der Wechsel zu einem anderen Anbieter kann zu niedrigeren Beiträgen bei vergleichbaren Leistungen führen.
Müssen Versicherer den vom GDV ermittelten Anpassungsfaktor verwenden?
Wohngebäudeversicherer sind nicht verpflichtet, den vom GDV ermittelten Anpassungsfaktor aus Baupreisindex und Tariflohnindex anzuwenden. Sie können eigene Anpassungsfaktoren errechnen.
Erstattet die Wohngebäudeversicherung mehr als den gleitenden Neuwert?
Die durch die Wohngebäudeversicherer ermittelten gleitenden Neuwerte begrenzen nicht die Höhe der Entschädigung. Liegt der Wertermittlung ein korrekter Wert 1914 zugrunde und fallen die Kosten für einen mit dem ursprünglichen Gebäude vergleichbaren neuen Hausbau höher aus, erstreckt sich der Versicherungsschutz über die kompletten Kosten für den Neubau.
Versicherte Leistungen der Gebäudeversicherung
Die Versicherer ersetzen Schäden, die durch verschiedene Ereignisse an Wohngebäuden entstehen können. Dazu gehören Beschädigungen durch:
- Feuer
- Starkregen, Rückstau und Überschwemmung
- Sturm und Hagel
- Leitungswasser
- Blitzschlag, Explosion und Implosion
- Überspannung
- Glasbruch
- Photovoltaik, Solarthermie- und Geothermieanlagen
- Wärmepumpen
Die vom Versicherer erstatteten Kosten gehen über die Beschädigungen am Haus oder einen notwendigen Neubau hinaus. Aufräumarbeiten, die Sicherung des beschädigten Gebäudes oder gar der notwendige Abriss ziehen zusätzliche Kosten nach sich. Diese übernimmt ebenfalls die Gebäudeversicherung.
Muss ein Haus abgerissen werden, bezahlt die Wohngebäudeversicherung mit gleitendem Neuwert sämtliche Planungs- und Baukosten für ein gleichartiges neues Haus. Als einfache Neuwertversicherung ersetzt sie lediglich die bei der Errichtung des zerstörten Hauses angefallenen Kosten.
Wichtig: Wohngebäudeversicherung mit gleitendem Neuwert abschließen
Insbesondere bei älteren Gebäuden reichen die Versicherungssummen der einfachen Neuwertversicherung nicht aus, um ein vergleichbares Haus neu zu bauen. Sie deckt die inflationsbedingte Kostensteigerung nicht ab. Für Sie als Versicherungsnehmer bedeutet das, dass Sie entweder einen Anteil der Neubaukosten aus eigenen Mitteln bezahlen, oder ein weniger gut ausgestattetes Haus bauen.
Die mit den Jahren entstehende Unterversicherung wirkt sich nicht nur auf einen Totalschaden des Gebäudes aus. Auch bei Schäden, die sich durch eine Reparatur beheben lassen, bezahlt die Versicherung lediglich Reparaturkosten in Höhe der ursprünglichen Baukosten. Bei einem Rohrbruch mit massiven Schäden am Gebäude entstehen Ihnen unter Umständen hohe Zusatzkosten.
Das vermeiden Sie, wenn Sie die Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert abschließen. Im Gegensatz zum einfachen Neuwert passt sich der gleitende Neuwert der allgemeinen Kostenentwicklung an. Der Versicherer bezahlt Ihnen ein gleichwertiges Haus und übernimmt die aktuell anfallenden Planungs- und Baukosten. Diese sind in der Regel höher als die ursprünglichen Werte älterer Wohngebäude.
Mit der gleitenden Neuwertversicherung müssen Sie beim Neubau weder Einschränkungen noch Mehrkosten in Kauf nehmen. Lediglich für Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Standard kommen Sie selbst auf. Die gleitende Neuwertversicherung passt sich automatisch an. Sie müssen also nicht darauf achten, das Risiko der Unterversicherung zu vermeiden. Heute entscheiden sich Immobilienbesitzer in den meisten Fällen für die gleitende Neuwertversicherung.
Warum steigen die Beiträge zur Wohngebäudeversicherung?
Da die Kosten für den Bau eines Hauses mit den Jahren kontinuierlich steigen, erhöhen sich bei gleitendem Neuwertschutz zwangsläufig die Kosten für den Versicherer. Daher kennt die Wohngebäudeversicherung als gleitende Neuwertversicherung keine feste Versicherungssumme.
Die stetige Erhöhung der Versicherungsleistungen wiederum hat zur Folge, dass der Jahresbeitrag regelmäßig steigt. Die Anpassung der Prämien erfolgt nicht wahllos. Vielmehr orientiert sie sich an der Entwicklung der Baupreise und der Lohnkosten nach einem festgelegten Anpassungsfaktor.
Jährlich ermittelt der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft GDV einen Anpassungsfaktor als Empfehlung für die Versicherer. Die Basis für die Berechnung des Anpassungsfaktors bilden der Wert 1914 der Immobilie, der Baupreisindex sowie der Tariflohnindex für das Baugewerbe.
Es mag verwirrend erscheinen, dass in eine heutige Versicherung der Wert 1914 einfließt. Der Grund dafür besteht darin, dass rückwirkend betrachtet im Jahr 1914 die Baupreise in Deutschland als zum letzten Mal stabil angesehen werden. In diesem Jahr vor der großen Inflation war die Währung zudem weitgehend durch Goldreserven gedeckt. |
Wie berechnet sich der Anpassungsfaktor in der Gebäudeversicherung?
Der Wert 1914 entspricht den Kosten, die im Jahr 1914 für den Bau Ihres Hauses angefallen wären. Maßgebliche Indikatoren bilden etwa:
- Qualität des Gebäudes
- Wohnfläche
- Ausstattung
- Art des Gebäudes
- Baustil
- Anzahl der Geschosse
Zu berücksichtigen sind bei dieser Wertermittlung zudem bauliche Veränderungen und Erweiterungen nach der Errichtung des Gebäudes. Daher ist es wichtig, dass Sie diese Ihrem Versicherer regelmäßig mitteilen.
Als zweiter Faktor fließt der Baupreisindex in die Berechnungsformel ein. Diesen ebenfalls für alle Wohngebäudeversicherungen bindenden Wert ermittelt das Statistische Bundesamt als Baupreise-Immobilienpreisindex. Der Baupreisindex bildet die Steigerung der Baukosten gegenüber dem Vorjahr ab. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung des Baupreisindexes seit 2013:
Jahr | Baupreisindex |
2013 | 1263,0 |
2014 | 1289,4 |
2015 | 1310,3 |
2016 | 1330,7 |
2017 | 1358,3 |
2018 | 1396,7 |
2019 | 1454,3 |
2020 | 1523,0 |
2021 | 1568,3 |
2022 | 1668,2 |
2023 | 1961,4 |
Zusätzlich zu diesen Faktoren fließt die Entwicklung der Tariflöhne im Baugewerbe in die Berechnung des Anpassungsfaktors ein. Obwohl bereits der Baupreisindex den Tariflohnindex im Baugewerbe enthält, ist diese zusätzliche Berücksichtigung speziell für Reparaturarbeiten notwendig. Den größten Teil der Leistungen erbringen Wohngebäudeversicherungen für Reparaturen.
Totalschäden mit anschließenden Neubauten bilden den geringeren Anteil der Versicherungsleistungen. Daher wirken sich die Lohnkosten deutlich stärker gegenüber den Materialkosten auf die Versicherungsleistungen aus.
So beeinflusst der Anpassungsfaktor die Beiträge
Der Anpassungsfaktor in der Gebäudeversicherung entsteht durch Addition der Erhöhung der Indexwerte für Baupreise und Tariflöhne gegenüber dem Vorjahr. Dabei fließt der Baupreisindex zu 80 Prozent und der Tariflohnindex mit 20 Prozent ein.
Die Höhe der neuen Versicherungsprämie ergibt sich aus der Multiplikation folgender Faktoren:
- Wert 1914
- Beitragssatz
- Anpassungsfaktor
Beispiel:
Wohngebäude mit einem Wert 1914 von 18.000 Mark, Anpassungsfaktor der Wohngebäudeversicherung von 20,97 Punkten, Beitragssatz zur Gebäudeversicherung von 2 Promille des Versicherungswertes von 18.000 Mark (36 Mark):
Wert 1914 18.000 Mark x Beitragssatz 2 ‰ x Anpassungsfaktor 20,97 = 754,92 € Versicherungsbeitrag
Wohngebäude nach dem Wohnflächenmodell versichern
Eine andere Form, die Beiträge und Versicherungssummen zur Wohngebäudeversicherung zu berechnen, bildet das Wohnflächenmodell. Diese Variante ist bisher nicht so weitverbreitet wie die Berechnung mit Neuwertfaktor nach dem Wert 1914. Eine Versicherungssumme legt auch dieses System nicht eindeutig fest. Anstelle von Baupreisindex und Wert 1914 ergibt sich die Versicherungssumme aus dem Preisniveau des jeweiligen ortsüblichen Neubauwerts.
Als Basis für den Beitrag und die Versicherungssumme dient eine detaillierte Beschreibung des Gebäudes im Versicherungsvertrag. Maßgeblich sind Eigenschaften des Hauses, wie:
- Grundfläche und Wohnfläche
- Anzahl der Stockwerke
- Keller
- Art des Daches
- Bauausführung (Fertig- oder Massivhaus)
- Baumaterialien
- Gestaltung der Außenwände
- Beschaffenheit der Fußböden, Fenster und Türen
- Art der Heizung
- Nutzungsform (dauerhaft bewohnt oder Ferienhaus)
Einige Versicherer erheben weniger Informationen über das zu versichernde Gebäude.
Ebenso wie die klassische Wohngebäudeversicherung ermittelt dieses Modell den Beitrag jährlich neu und passt den Versicherungsschutz an die aktuellen Gegebenheiten an. Dazu zieht es ebenfalls den Baupreisindex und den Tariflohnindex des Baugewerbes heran.
Abhängig von den Vereinbarungen im Vertrag kann die Wohngebäudeversicherung nach dem Wohnflächenmodell Entschädigungsgrenzen enthalten.
Versicherungsvertrag prüfen und optimieren
Trotz enger gesetzlicher Regelungen für Wohngebäudeversicherungen durch das Bürgerliche Gesetzbuch und das Versicherungsvertragsgesetz genießen die Versicherer zahlreiche Freiheiten zur Gestaltung ihrer Allgemeinen Wohngebäude Versicherungsbedingungen (VGB 88). Für den optimalen Schutz und Beitrag ist es daher sinnvoll, vor dem Abschluss der Versicherung einen Blick in die Versicherungsbedingungen zu werfen.
Verbraucher sollten insbesondere prüfen:
- wie sich die Beiträge berechnen
- ob die Versicherung einen gleitenden Neuwertfaktor enthält
- ob es Entschädigungsgrenzen gibt
- zu welchen Preisen die Entschädigung erfolgt
- welche Basis zur Ermittlung der Entschädigungshöhe dient
Ob die Beitragsermittlung nach der Wohnfläche oder dem Wert 1914 für Versicherte vorteilhaft ist, lässt sich nicht allgemein beantworten. Das Wohnflächen-Verfahren ist moderner und unkomplizierter. Viele Versicherer betrachten es zudem als sicherer, da es ein geringeres Fehlerpotential beherbergen soll.
Nach Möglichkeit sollte Ihre Versicherung auf Entschädigungsgrenzen verzichten. Sinnvoll ist ein gleitender Neuwert, da er Reparaturen und einen kompletten Neubau nach den aktuellen Preisen sichert. In der Gebäudeversicherung nach Wohnfläche berücksichtigt die Entschädigungshöhe zudem regionale Preisunterschiede. Sollten diese Faktoren auf die Versicherung Ihres Hauses nicht zutreffen, lohnt sich ein Vergleich der Angebote verschiedener Versicherer.
Anpassungsfaktor in der Wohngebäudeversicherung 2023
Mit 15 Prozent fällt der Anpassungsfaktor der Wohngebäudeversicherungen im Jahr 2023 außergewöhnlich hoch aus. In der Vergangenheit betrug er durchschnittlich etwa drei Prozent pro Jahr. Verantwortlich dafür ist unter anderem der hohe Anstieg der Baupreise für Wohngebäude.
Zudem gelten insbesondere die Schadenereignisse der letzten Jahre mit den Hochwasserkatastrophen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen als Ursache für die hohen Preisanpassungen der Wohngebäudeversicherungen. Nicht alle Versicherer berechnen ihren Kunden eine gleich hohe Beitragssteigerung. Ein Vergleich mit anderen Anbietern lohnt sich daher.