Eine gute Rentenversicherung ist für Selbstständige und Freiberufler genauso wichtig, wie für jeden Arbeitnehmer. Der große Unterschied ist nur: Während die Rentenversicherung für Angestellte gemäß Sozialgesetzbuch (SGB) VI verpflichtend ist, trifft das im für Selbstständige nur in Ausnahmefällen zu. Doch das soll sich nun ändern!
Bereits 2012 brachte die damalige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen innerhalb einer Koalition aus CDU und FDP eine Rentenversicherungspflicht für Freiberufler und Selbstständige zur Sprache. Arbeitsminister Hubertus Heil griff dieses Anliegen auf und bemühte sich um eine verpflichtende Rentenversicherung ab 2019 – bis Verzögerungen bei der Grundrente und die COVID19-Pandemie ihm einen Strich durch die Rechnung machte.
Ziel des neuen Gesetzes ist es, die Rente für Selbstständige genauso staatlich abzusichern, wie für Angestellte. Das klingt auf den ersten Blick gut, ist jedoch nicht unumstritten. Wir haben uns für Sie angesehen, wie es aktuell um die Rentenversicherung für Selbstständige bestellt ist, was das neue Gesetz ändern wird, wo die Vor- und Nachteile liegen und welche Alternativen zur gesetzlichen Rentenversicherung es gibt.
Die aktuelle Lage: So ist es um die Altersvorsorge der Selbstständigen bestellt
Grund für die Diskussion und die geplante Rentenversicherungspflicht für Selbstständige ist ein Forschungsbericht des IZA Institute of Labour Economics, welches 2018 vom Bundesministerium für Arbeit (BMAS) in Auftrag gegeben und im Jahr 2020 noch einmal aktualisiert wurde. Demnach sind von den vier Millionen Selbstständigen und Freiberuflern in Deutschland rund drei Millionen von Altersarmut bedroht.
Hinter dieser hohen Zahl stehen laut BMAS vor allem Solo-Selbstständige, die sich im Rahmen der Sozialreformen rund um die Jahrtausendwende selbstständig gemacht haben. Diese Gruppe erzielt laut der Studie ein unterdurchschnittliches Einkommen, welches für eine ausreichende Altersvorsorge nicht ausreicht. Eine prekäre Lage, die sich durch unvorhersehbare Ereignisse wie die COVID19-Pandemie zusätzlich verschärft.
Doch wieso ist das eigentlich so? Werfen wir als nächstes einen Blick auf die aktuelle gesetzliche Lage.
Muss man als Selbstständiger in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen?
Wie bereits erwähnt, sind Selbstständige und Freiberufler in Deutschland – bis auf wenige Ausnahmen – bislang nicht dazu verpflichtet, Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. Gemäß SGB VI Art. 1 § 2 müssen unter anderem Lehrer, Hebammen, Handwerker, Fischer, Seelotsen oder Künstler einen Beitrag in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.
Gibt es eine freiwillige gesetzliche Rentenversicherung für Selbstständige?
Nur die wenigsten wissen oder nutzen es, aber sowohl Angestellte wie auch Selbstständige können freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Was bei Angestellten eine Ergänzung zum Pflichtbeitrag ist, können Selbstständige bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten:
- Freiwillige Versicherungspflicht auf Antrag: Innerhalb von 5 Jahren nach Beginn der Selbstständigkeit, irreversible Entscheidung, Anspruch auf Erwerbsminderungsrente und Riester-Zulagen
- Freiwillige Rentenversicherung für Selbstständige: Ab 16 Jahren für alle deutschen Staatsbürger (auch bei Wohnsitz im Ausland) oder in Deutschland lebenden Ausländer (unabhängig von der Staatsbürgerschaft), flexible Beitragszahlungen
Wieviel Rentenversicherung zahlt man als Selbstständiger?
Die Kosten der freiwilligen Rentenversicherung für Selbstständige sind von der Versicherungsart abhängig. In beiden Fällen gilt:
– Monatlicher Mindestbeitrag 84 Euro
– Monatlicher Höchstbeitrag 1.283 Euro
– Regelbeitrag 560 bis 592 Euro
Freiwillig Versicherte können die Beitragshöhe selbst bestimmen. Bei Versicherungspflicht auf Antrag wählen Sie zwischen dem Regelbeitrag oder einer einkommensabhängigen Beitragshöhe.
Was gibt es bei der gesetzlichen Rentenversicherung als Selbstständiger noch zu beachten?
Neben den bereits genannten Fakten sind auch diese drei Punkte in Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung für Freiberufler und Selbstständige interessant:
- Liegt ihr monatliches Einkommen unter der Einkommensgrenze von 450 Euro, können Sie sich von der Rentenversicherungspflicht für Selbstständige befreien lassen.
- Pflichtversicherte selbstständige Handwerker können sich nach 18 Jahren von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen.
- Wenn Sie berechnen möchten, wie viel Sie später für Ihren Rentenbeitrag als Selbstständiger zu erwarten haben, können Sie die Online-Rechner der Deutschen Rentenversicherung zu Rate ziehen.
- Beiträge zur freiwilligen Rentenversicherung für Selbstständige sind seit 2020 zu 90 Prozent steuerlich absetzbar und bringen damit die gleichen steuerlichen Vorteile, wie Beiträge zur Rürup-Rente.
Unser Tipp: Die Rürup-Rente ist eine steuerlich begünstigte Basisrente, welche vor allem für Selbstständige eine Alternative zur gesetzlichen Rentenversicherung darstellt. Möchten Sie mehr über die verschiedenen Möglichkeiten zur privaten Altersvorsorge erfahren, finden Sie in unserer Übersicht zur privaten Vorsorge weitere Infos! |
Rentenversicherungspflicht ab 2024: Das sind die Pläne der Bundesregierung
Im Koalitionsvertrag der Groko steht klipp und klar, dass noch während der aktuellen Legislaturperiode eine Rentenversicherungs- beziehungsweise Altersvorsorgepflicht für Selbstständige und Freiberufler eingeführt werden soll. Wie bereits erwähnt sollte das „Gesetz zur Einbeziehung des Selbstständigen in das System der Alterssicherung“ bereits 2019 auf den Weg gebracht werden und die neue Regelung dann ab 2021 gelten.
„Um den sozialen Schutz von Selbstständigen zu verbessern, wollen wir eine gründerfreundlich ausgestaltete Altersvorsorgepflicht für alle Selbstständigen einführen, die nicht bereits anderweitig obligatorisch (z.B. in Versorgungswerken) abgesichert sind. Grundsätzlich sollen Selbstständige zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und – als Opt-out-Lösung – anderen geeigneten insolvenzsicheren Vorsorgearten wählen können, wobei diese insolvenz- und pfändungssicher sein und in der Regel zu einer Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen müssen.“ – Auszug aus dem Koalitionsvertrag der Groko
Aktuell (Stand Januar 2021) gehen sowohl Branchenverbände und wie auch fachspezifische Medien davon aus, dass Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) den Gesetzesentwurf noch vor der nächsten Bundestagswahl im September 2021 auf den Weg bringen wird. Gelten soll die verpflichtende Rentenversicherung für Selbstständige dann ab dem Jahr 2024.
Welche Änderungen der Rentenversicherung für Selbstständige sind geplant?
Wie die Bundesregierung betont, geht es nicht darum, Selbstständige zum Einzahlen in die gesetzliche Rentenversicherung zu zwingen. Vielmehr handelt es sich darum, auch diese Berufsgruppen in die Pflicht zu nehmen, die bislang nicht rentenversichert sind, sich um ihre Altersvorsorge zu kümmern.
Deswegen ist die Reform als Wahlsystem angedacht, sodass Sie als Selbstständiger eine der folgenden Optionen wählen können:
- Gesetzliche Rentenversicherung für Selbstständige
- Private Altersvorsorge durch Rürup-Rente
- Versorgungswerk (wie z.B. für Ärzte, Steuerberater oder Rechtsanwälte)
Entscheiden Sie sich die gesetzliche Variante in Anspruch zu nehmen, entstehen für Sie als Selbstständiger in der Rentenversicherung folgende Kosten:
- Beitrag von 18,6 Prozent des Einkommens bis zu einem Jahresgewinn von 40.000 Euro
- Je nach Gewinn kann Beitrag zwischen rund 84 und 620 Euro liegen
- Ab monatlichem Gewinn von 3.333 Euro kann Beitrag eingefroren werden
- Hälfte des Regelbeitrags für Gründer in den ersten drei Jahren möglich
Zudem soll die neue Rentenversicherungspflicht als Übergangsregelung zunächst nur für Selbstständige und Freiberufler unter 35 sowie Gründer gelten.
Warum sind Pläne der Groko für eine Rentenversicherungspflicht so umstritten?
Nicht nur die Branchenverbände auch viele Selbstständige sind von den Plänen der Regierung nicht begeistert. Das Hauptargument ist, dass die geplante Rentenversicherungspflicht trotz des eindeutigen Hinweises auf eine „Opt-out“ Möglichkeit letztendlich doch eine versteckter Zwang in die gesetzliche Rentenkasse sei. Denn vielen Selbstständigen stehen Versorgungswerke schlichtweg nicht zur Verfügung und gerade für Gründer ist die Rürup-Rente schlichtweg zu teuer.
Zudem zweifeln die Kritiker die Methodik bei der Erhebung der Daten zur Lage der Selbstständigen im Forschungsbericht des IZA. Sie stellen in Frage, ob die Lage wirklich für eine so hohe Anzahl Selbstständiger prekär sei, oder ob schlichtweg mit falschen Parametern gerechnet wurde.
Zu guter Letzt kritisieren viele Gegner der Altersvorsorgepflicht für Selbstständige, dass durch das neue Gesetz das aktuelle Rentensystem in Deutschland weiter gestärkt wird, obwohl es dringend eine reformiert werden müsse. So sei das Umlageverfahren (aktuelle Beitragszahler finanzieren laufende Renten) aufgrund der demographischen Entwicklung nicht zukunftsfähig. Private Altersvorsorge für Selbstständige: Alternativen zur gesetzlichen Rentenversicherung
Trotz aller Kritik am aktuellen System und dem geplanten Gesetzesvorhaben – es ist und bleibt unumstritten, dass eine gute Altersvorsorge wichtig ist. Stellt sich also die Frage, welche Alternativen es jenseits der gesetzlichen Rentenversicherung, Rürup-Rente und Versorgungswerke es für Selbstständige eigentlich gibt?
Soviel will gesagt sein, das Angebot ist riesig und es gibt die vielfältigsten Möglichkeiten sich privat für das Alter abzusichern. Wir haben vier der beliebtesten Strategien für Sie zusammengefasst:
- Lebensversicherung: Bislang war die Lebensversicherung eine der beliebtesten privaten Altersvorsorgen der Deutschen. Die eingezahlten Beiträge werden vom Versicherer angelegt und dann zuzüglich Zinsen sowie abzüglich Gebühren ausgezahlt. Aufgrund niedriger Zinsen gibt es heute jedoch kaum noch gute Konditionen. Zudem ist bei Abschluss eine Gesundheitsprüfung nötig. Bei Auszahlung im Todesfall sind die Hinterbliebenen abgesichert.
- Private Rentenversicherung: Auch private Rentenversicherungen leiden immer mehr unter dem bereits erwähnten Zinsdilemma. Es gibt jedoch neuartige Produkte, welche die Differenz durch einen höheren Aktienanteil auszugleichen versuchen. Um das richtige Produkt für Ihre Ansprüche zu finden, ist eine ausführliche Rentenberatung für Selbstständige empfehlenswert.
- Aktien: Wer am Finanzmarkt investieren will, kann seine Altersvorsorge auch durch Aktien absichern. Aufgrund von Kursschwankungen und wirtschaftlichen Unwägbarkeiten sind diese jedoch nur bedingt für eine verlässliche Altersvorsorge geeignet – als ein Baustein in einem umfassenderen Plan ergeben sie jedoch durchaus Sinn! Sicherer als Einzelaktien und für Laien besser zu bewerkstelligen sind Investmentfonds oder Fondsparpläne.
- Immobilien: Der Kauf eines eigenen Hauses oder einer Wohnung steht bei vielen Selbstständigen immer noch ganz oben in Sachen Altersvorsorge. Mit einer eigenen Immobilie profitieren Sie immerhin entweder von mietfreiem Wohnen oder den Einnahmen durch die Vermietung. Trotzdem sollten Sie Neben- und Instandhaltungskosten auch hier nicht außer Acht lassen.
Unser Tipp: Warten Sie mit Ihrer Altersvorsorge nicht, bis die Rentenversicherungspflicht einsetzt! Gerade wenn der Ruhestand für Sie noch außer Sichtweite ist, lohnt es sich besonders, in eine passende Altersvorsorge zu investieren – denn in diesem Fall gilt, dass jedes Jahr zählt. Um aus der Vielzahl an Möglichkeiten das richtige Konzept für Ihren Bedarf zusammenzustellen, empfehlen wir Ihnen eine unabhängige und individuelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Falls Sie wissen möchten, wie und wo das möglich ist, schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an fragen@versicherungsprinz.de. |
Unser Fazit: Selbstständig und keine Rente? Das muss nicht sein!
Welche die beste Rentenversicherung für Selbstständige ist und ob die Rentenversicherungspflicht ihren Zweck erfüllen wird, dass lässt sich nicht voraussagen. Sicher ist jedoch, dass es für jeden Selbstständigen und Freiberufler wichtig ist, rechtzeitig für den Ruhestand und das Alter vorzusorgen. Nur so können Sie sicherstellen, dass Sie Ihren Lebensstandard auch nach dem Berufsleben halten und eventuelle Angehörige versorgen können, ohne auf staatliche Hilfe angewiesen zu sein.
Leider ist das aktuelle System so gestrickt, dass immer wieder Selbstständige und Freiberufler durch die Maschen des sozialen Netzes fallen. Ob die geplante Rentenversicherungspflicht da auf Dauer Abhilfe schaffen oder Selbstständige mit geringem Einkommen auf Dauer noch stärker belasten wird, ist aktuell noch nicht abzuschätzen. Viel wird von der genauen Gestaltung des Gesetzes abhängen, über die wir selbstverständlich an dieser Stelle wieder berichten werden.
Haben Sie noch Fragen rund um Möglichkeiten zur Altersvorsorge für Selbstständige? Dann schreiben Sie uns gerne in den Kommentaren oder via E-Mail an fragen@versicherungsprinz.de.
Ist eine Rentenversicheurngspflicht bei Handwerkern (Malermeister) ab 01.01.2020 bei nachweislicher Vorversicherung mit Pflichtbeiträgen ab 01.11.2000 bis 31.12.2020 rechtens ?
Vielen Dank für die Frage. Grundsätzlich besteht für selbständige Handwerker eine Versicherungspflicht in der Deutschen Rentenversicherung – siehe dazu https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Ueber-uns-und-Presse/Presse/Meldungen/2021/210928_selbststaendige_handwerker_meldepflicht.htmlSelbständige. Wenn Handwerker mit einem zulassungspflichtigen Gewerbe min. 18 Jahre lang Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben, können sie sich von der Versicherungspflicht befreien lassen. Wir empfehlen in Ihrem konkreten Fall ein Gespräch mit der Deutschen Rentenversicherung.
Viele Grüße
Das Team von Versicherungsprinz.de
Bin Geschäftsfüher einer GmbH zu 100 %,habe Angestellte und stehe als Meister in der Handwerkerrolle,Rentenamt meint ich erfülle keine Pflichtversicherung