Abstrakte Verweisung

Abstrakte Verweisung ist ein zentraler Begriff in der Berufsunfähigkeitsversicherung und beschreibt eine vertragliche Regelung, nach der ein Versicherungsunternehmen im Leistungsfall prüfen kann, ob die versicherte Person noch in der Lage ist, eine andere Tätigkeit auszuüben. Wird festgestellt, dass eine alternative Tätigkeit mit ähnlichen Qualifikationen, Kenntnissen und Erfahrungen zumutbar ist, kann die Versicherung die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente ablehnen oder einschränken.

Funktionsweise der abstrakten Verweisung

Die abstrakte Verweisung greift, wenn eine versicherte Person ihren zuletzt ausgeübten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Anstatt direkt die vereinbarten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung zu zahlen, prüft der Versicherer, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten gibt, die der gesundheitlichen Situation des Versicherten entsprechen und ihm gesellschaftlich wie finanziell zumutbar sind – unabhängig davon, ob eine solche Stelle tatsächlich zu Verfügung steht.

Abgrenzung: Abstrakte vs. konkrete Verweisung

Neben der abstrakten Verweisung gibt es die konkrete Verweisung. Bei der konkreten Verweisung muss der Versicherte nachweislich tatsächlich in einem anderen Beruf arbeiten, bevor die Leistungen eingestellt werden können. Im Gegensatz dazu reicht es bei der abstrakten Verweisung, dass eine vergleichbare Tätigkeit theoretisch ausgeübt werden könnte.

  • Abstrakte Verweisung: Prüfung auf zumutbare, vergleichbare Tätigkeiten – unabhängig von einer tatsächlichen Ausübung.
  • Konkrete Verweisung: Leistungsanpassung erst, wenn tatsächlich eine andere Tätigkeit aufgenommen wurde.

Beispiel aus der Praxis

Ein Handwerksmeister kann aus gesundheitlichen Gründen seinen handwerklichen Beruf nicht mehr ausüben. Bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit abstrakter Verweisung prüft der Versicherer, ob der Versicherte beispielsweise als technischer Ausbilder arbeiten könnte. Wenn diese Tätigkeit den Kenntnissen und Fähigkeiten entspricht und gesundheitlich zumutbar ist, kann die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente abgelehnt werden, selbst wenn der Versicherte diese Tätigkeit tatsächlich nicht ausübt.

Nutzen, Risiken und Einschränkungen der abstrakten Verweisung

Nutzen:

  • Reduziert Versicherungsprämien, da das Risiko der Auszahlung geringer ist.
  • Schafft für Versicherer eine standardisierte Methode zur Leistungsprüfung.
  • Bietet Anreiz, sich auch nach gesundheitlichen Einschränkungen beruflich neu zu orientieren.

Risiken und Einschränkungen:

  • Leistungen können ausbleiben, obwohl keine realistische Beschäftigungsmöglichkeit besteht.
  • Die Definition „zumutbarer Tätigkeit“ kann zu Unsicherheiten und Streitigkeiten führen.
  • Versicherte können sich im Leistungsfall mit schwierigen Beweisführungen konfrontiert sehen.
  • Viele moderne Tarife bieten mittlerweile Verzicht auf die abstrakte Verweisung an.

Bedeutung für Versicherungsnehmer

Die abstrakte Verweisung hat direkten Einfluss auf den Leistungsumfang einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Beim Abschluss einer Police ist es wichtig, die Vertragsbedingungen im Hinblick auf die abstrakte Verweisung zu prüfen, da sie Auswirkungen darauf haben kann, wie und wann Versicherungsleistungen ausgezahlt werden.

Weitere Begriffsdefinitionen